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Rotierende Massen

Über diesen Artikel

Lesezeit

3 Minuten

Veröffentlichung

23.12.2021

Letztes Update

18.08.2022

Rotierende Massen in der Stromversorgung

Inhalt des Wiki-Artikels

Stromerzeugungsanlagen, die mit Generatoren oder Motoren arbeiten, verfügen über rotierende Massen. Diese Maschinen arbeiten gewöhnlich nach dem Rotationsprinzip, der Antrieb erfolgt über eine Drehbewegung. Rotierende Massen sind beispielsweise die Rotoren eines Generators oder Motors. Wie viel Strom erzeugt und eingespeist wird, hängt von der Rotordrehzahl ab. Durch Änderungen der Drehzahl können rotierende Massen zur Frequenzregelung eingesetzt werden und so dazu beitragen, das Stromnetz stabil zu halten.

Wie funktioniert ein Generator im Kraftwerk?

Verschiedene Kraftwerkstypen verfügen über rotierende Massen, zum Beispiel thermische Kraftwerke, zu denen auch Kohlekraftwerke gehören. Durch Verfeuerung des Festbrennstoffs Kohle wird die darin enthaltene Energie nutzbar gemacht. Die beim Verbrennungsprozess entstehende Wärme wird eingesetzt, um Wasser zu erhitzen, so dass es verdampft. Der entstehende Dampf wird komprimiert und anschließend zu den Schaufelrädern einer Turbine geführt, die auf diese Weise angetrieben wird. Mit der Turbine ist ein Generator verbunden, auf den die Drehbewegung übergeht. Im Rotor des Generators befinden sich Leiterspulen, die ein Magnetfeld erzeugen. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, um mit Hilfe von Magnetfeldern Strom zu gewinnen:

  • Der Leiter wird in einem Magnetfeld bewegt.
  • Der Leiter ruht in einem veränderbaren Magnetfeld.

Bei der Stromerzeugung werden beide Prinzipien der Induktion in jeweils unterschiedlichen Generatoren angewandt. Beispielsweise wird durch Drehung des Magnetfelds Strom gewonnen, der dann ins Netz eingespeist wird.

Gibt es rotierende Massen bei erneuerbaren Energien?

Die Trägheit der rotierenden Massen ist geeignet, die Frequenz des Stromnetzes zu regeln und auf diese Weise stabil zu halten. Im Rahmen der Energiewende werden nun aber immer mehr konventionelle Kraftwerke abgeschaltet, die bisher für die Frequenzhaltung genutzt wurden. Rotierende Massen sind aber auch bei erneuerbaren Energien möglich. Wind- und Solarkraftwerke können mit virtueller Schwungmasse ausgestattet werden. Damit wird das Frequenzverhalten von Synchrongeneratoren emuliert und Umrichter derart angesteuert, dass sie im Falle eines Frequenzeinbruchs zusätzliche Leistung ins Stromnetz einspeisen. Synchrongeneratoren sind Schwungmassen, die rotieren und dabei Energie erzeugen oder verbrauchen.

Simulationen haben gezeigt, dass sich das Frequenzverhalten besonders bei hoher Einspeiseleistung von Solar- und Windstrom durch die virtuelle Schwungmasse deutlich verbessert. Prinzipiell ist es also möglich, thermische Kraftwerke abzuschalten und die Frequenzhaltung auf Erneuerbare-Energien-Anlagen zu übertragen. Technisch ist diese Lösung bereits realisierbar, es muss aber noch die Kostenbehandlung geklärt werden.

Bedeutung rotierender Massen für die Momentanreserve

Die kinetische Energie aller Synchrongeneratoren, die im zusammengeschalteten Netz in Betrieb sind, wird als Momentanreserve bezeichnet. Im weiteren Sinne gilt die Momentanreserve als Systemdienstleistung für die Frequenzhaltung, im engeren jedoch nicht, da sie bereits aufgrund der Eigenschaften rotierender Massen entsteht. Wenn ein Schwungrad in Rotation gebracht wird, hält diese auch nach dem Unterbrechen der Energiezufuhr noch eine Weile an. Da die Momentanreserve aber dem Einsatz von Regelenergie vorangeht, wird sie der Vollständigkeit halber häufig bei den Systemdienstleistungen mit aufgezählt.

Zuständig für die Stabilisierung der Frequenz sind die Übertragungsnetzbetreiber sowie die Bilanzkreisverantwortlichen. Sie nutzen die folgenden Maßnahmen, um die Netzfrequenz stabil zu halten:

  • Momentanreserve
  • Regelenergie
  • Abschaltbare Lasten

Die Momentanreserve dient dazu, einen kurzfristigen Leistungsabfall auszugleichen. Reicht sie nicht aus, um die Frequenz stabil zu halten, kommt die Regelenergie zum Einsatz. Diese wird über den Regelenergiemarkt bezogen und ist in drei unterschiedlichen Qualitäten verfügbar:

  • Primärregelleistung
  • Sekundärregelleistung
  • Minutenreserve

Sie unterscheiden sich dahingehend, in welcher Zeit sie zur Verfügung stehen müssen. Des Weiteren werden abschaltbare Lasten genutzt, um die Netzfrequenz zu halten. Die Lasten werden kurzfristig abgeschaltet, um das Netz zu stabilisieren, wenn die Leistung abfällt.

Batterien statt rotierender Massen?

Die Forschung setzt für die Zukunft nicht nur auf Momentanreserve aus rotierenden Massen, es werden auch andere Wege erprobt, um die Momentanreserve bereitzustellen. Im Rahmen des Projekts ReserveBatt wurde eine Batterie entwickelt, die über Frequenzwandler mit dem Netz gekoppelt ist und über eine entsprechende Steuerung für die Momentanreserve sorgen kann, die Schwungmasse wird künstlich erzeugt. Eine Lithium-Ionen-Hochleistungsbatterie, die über einen bidirektionalen Wechselrichter als Frequenzwandler mit dem Netz gekoppelt ist, kann nach Hochrechnungen der Fachleute die Momentanreserveleistung eines Kraftwerks mit einer Leistung von einem Megawatt elektrisch nachbilden.

Es fehlt allerdings noch der Markt für die Momentanreserve, da sie bisher automatisch über die rotierenden Massen der Kraftwerksgeneratoren erbracht wurde. Für die Erbringung von Systemdienstleistungen wie der Momentanreserve müssen deshalb für die Zukunft Verwertungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Neubau netzrelevanter Kraftwerke

In Deutschland werden unter anderem Gasturbinenkraftwerke gebaut, um den Wegfall der rotierenden Massen der konventionellen Kraftwerke auszugleichen. Zur Gewährleistung der Energieversorgung in Süddeutschland haben die Übertragungsnetzbetreiber in Südhessen, Bayern und Baden-Württemberg sogenannte Netzstabilitätsanlagen mit einer Leistung von jeweils 300 Megawatt geplant, die 2022 in Betrieb gehen sollen. Durch die Gasturbinenkraftwerke soll die Netzstabilität im Süden bei fluktuierender Einspeisung von Wind- und Solarstrom gesichert werden. Die Gasturbinenanlagen sind so konzipiert, dass sie rasch den Volllastbetrieb und bis zu 1500 Vollbenutzungsstunden im Jahr erreichen. Eine weitere Netzstabilitätsanlage soll 2022 im nordrhein-westfälischen Biblis in Betrieb gehen.

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