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Dekarbonisierung – Definition, Maßnahmen und Umsetzung in Deutschland
Inhalt des Wiki-Artikels
- Dekarbonisierung – Reduzierung kohlenstoffhaltiger Emissionen
- Dekarbonisierung in der Energiewirtschaft
- Maßnahmen zur Dekarbonisierung
- Dekarbonisierung in Deutschland
- Dekarbonisierung als Synonym für Defossilisierung
Dekarbonisierung – Reduzierung kohlenstoffhaltiger Emissionen
Der Begriff Dekarbonisierung leitet sich von Carbon – Kohlenstoff – ab.1 Im Bereich der Wirtschaft steht Dekarbonisierung für die Reduzierung kohlenstoffhaltiger Emissionen, vor allem durch die Abkehr von fossilen Energieträgern, und den Verzicht auf kohlenstoffhaltige Rohstoffe. Auch in der Chemie wird der Begriff verwendet, dort bezieht er sich auf die Entfernung von Kohlenstoff und kohlenstoffhaltigen Verbindungen sowie die Wasserenthärtung.2
Dekarbonisierung in der Energiewirtschaft
Neben anderen Treibhausgasen trägt Kohlenstoffdioxid (CO2) maßgeblich zum Treibhauseffekt und damit auch zur Erwärmung der Erde bei. Wird Energie durch die Verbrennung von Kohle, Öl oder Erdgas gewonnen, entsteht dabei CO2. Um dem Treibhauseffekt entgegenzuwirken, hat die Politik entschieden, die Energiegewinnung kohlenstoffdioxidärmer zu gestalten: Strom soll zukünftig vermehrt aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Gängig ist der Begriff Dekarbonisierung seit dem G7-Gipfel 2015, auf dem sich die sieben weltweit größten Wirtschaftsnationen auf das Ziel einigten, die Weltwirtschaft bis 2100 komplett CO2-neutral zu gestalten. Im gleichen Jahr wurde das Pariser Klimaabkommen beschlossen, das vorsieht, die Treibhausgasemissionen in dem Maße zu beschränken, dass die Erderwärmung deutlich unter einem Anstieg von 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit bleibt. Eine rasche Dekarbonisierung ist notwendig, um diese Ziele zu erreichen.3
Maßnahmen zur Dekarbonisierung
Im Rahmen der Energiewende sind Maßnahmen zur Dekarbonisierung in diversen Bereichen vorgesehen. Regenerative Energien ersetzen Kohle und andere fossile Brennstoffe bei der Stromerzeugung. Dabei kommt ein Mix aus Wind- und Solarenergie, aber auch Biomasse zum Einsatz. Darüber hinaus soll der Verkehr elektrifiziert werden, deshalb wird die Infrastruktur für E-Autos beständig ausgebaut. Maßnahmen zur CO2-Reduzierung für Eigenheime werden in der Regel gefördert, wie zum Beispiel die Installation einer Wärmepumpe.
Einen besonders hohen Energiebedarf hat der Industriesektor, in dem eine Kombination aus Effizienzsteigerung, Elektrifizierung und Abscheidung von CO2 die Emissionen deutlich reduzieren soll.4 Eine Steigerung der Effizienz soll durch die Verwendung moderner, energieeffizienter Technik, die Optimierung von Prozessen und Verfahren sowie durch die Nutzung von Abwärme realisiert werden. Vorgesehen ist auch die Nutzung von regenerativen statt fossilen Energien, um die Dekarbonisierung voranzubringen. Des Weiteren sollen die Treibhausgasemissionen in der Industrie gesenkt werden, indem emissionsverursachende Rohstoffe und Produkte weitestgehend durch andere ersetzt werden. Ist dies nicht möglich, kann das Verfahren „Carbon Capture and Utilization“ (CCU) zum Einsatz kommen, bei dem CO2 abgeschieden und für chemische Prozesse verwendet wird.5
Dekarbonisierung in Deutschland
In Deutschland hat die Politik beschlossen, die Treibhausgasemissionen sukzessive zu reduzieren. Ausgehend vom Jahr 1990 sollen sie bis 2020 um 40 Prozent, bis 2030 um 55 Prozent, bis 2040 um 70 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gesenkt werden. Es ist allerdings fraglich, ob diese Ziele wie geplant verwirklicht werden. 2014 waren erst 28 Prozent des Minderungsziels für das Jahr 2020 erreicht. Zur Senkung der Emissionen haben vor allem die Optimierung von Industrieprozessen und kleineren Feuerungsanlagen beigetragen. Gesenkt wurden die Treibhausgasemissionen auch im Bereich der gewerblichen und industriellen Strom- und Wärmeproduktion, wobei dies allerdings teils durch Umschichtung in die öffentliche Energiewirtschaft zu erklären ist. Das Gleiche gilt für die Reduzierungen innerhalb der Abwasser- und Abfallwirtschaft, die Emissionen wurden zur Müllverbrennung verlagert. Kaum Fortschritte erzielten Landwirtschaft und Verkehr und auch die Minderungen in der Energiewirtschaft sind unzureichend. Besonders viele Emissionen werden durch Braunkohle verursacht.
Dekarbonisierung ist ein komplexes Thema, denn die Verringerung von Treibhausgasemissionen darf nicht mit einer Deindustrialisierung einhergehen. In diesem Fall würde sich die Industrie lediglich in andere Länder verlagern, die vielleicht noch hauptsächlich fossile Energien nutzen. Dies stünde der angestrebten globalen Dekarbonisierung entgegen. Aus diesem Grund werden neue Technologien entwickelt und eingesetzt, denn Deutschland strebt eine Vorreiterrolle im Hinblick auf die Energiewende an, um sich Exportpotenziale zu sichern. Dafür muss aber noch einiges getan werden, vor allem im Verkehrsbereich und in der Energiewirtschaft. Auch im Industriesektor gibt es noch viel Einsparpotenzial, wobei zwischen Prozessemissionen und energiebedingten Emissionen unterschieden werden muss. Erstere sind oft unvermeidlich, lediglich mit CCS oder ähnlichen Technologien wäre eine Dekarbonisierung möglich.6
Dekarbonisierung als Synonym für Defossilisierung
Um eine vollständige Dekarbonisierung zu erreichen, müssten alle Technologie substituiert werden, die CO2 verursachen. Es gibt allerdings Sektoren, bei denen dies nicht möglich oder zu kostenaufwendig ist, wie zum Beispiel den Schiffs- und Flugverkehr. Auch in der Industrie ist eine komplette Dekarbonisierung nur schwer realisierbar, stattdessen werden fossile Brennstoffe durch sogenannte Green Fuels, Brennstoffe aus erneuerbarem Strom, Biomasse oder beidem in Kombination, ersetzt. Im Grunde genommen kann man in diesem Fall nicht von Dekarbonisierung sprechen, passender wäre der Begriff Defossilisierung, denn Green Fuels sind zwar insgesamt CO2-neutral, da sie in ihrer Produktions- oder Wachstumsphase die Menge an Kohlenstoffdioxid absorbieren, die sie beim Verbrennen wieder abgeben. Durchgesetzt hat sich allerdings die Bezeichnung Dekarbonisierung für die Abkehr von fossilen Energieträgern, die in diesem Sinne als Synonym für Defossilisierung fungiert.7 Diese Abkehr muss auf drei Ebenen vollzogen werden: Im Bereich der Wirtschaft ist es notwendig, Produkte, Produktionsweisen und Dienstleistungen zu dekarbonisieren, darüber hinaus ist die Entwicklung neuer Geschäftsfelder erforderlich. Städte und Kommunen müssen sich in ihrer Planung ebenfalls am Prinzip der Dekarbonisierung orientieren. Schließlich ist die Verwirklichung von kohlenstoffvermeidenden Energiesystemen auf nationaler und internationaler Ebene eine Voraussetzung dafür, dass die Ziele der Dekarbonisierung erreicht werden.
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