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- Was bedeutet die Solarpflicht in Deutschland?
Die Energie- und Klimakrise erfordern einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung. Mehr Photovoltaik auf Gebäudedächern ist Teil der Lösung. Doch welche Rolle spielt die Solarpflicht?
Inhalt des Blogartikels
- Was ist die Solarpflicht?
- Das steckt hinter der Solarpflicht für private Gebäude
- Private Solarpflicht in den einzelnen Bundesländern
- Solarpflicht für Nichtwohngebäude: Diese Vorschriften gelten in den Bundesländern
- Wie trägt die Solarpflicht zur Energiewende bei?
Was ist die Solarpflicht?
Grob gesagt geht es darum, dass alle geeigneten Dachflächen für die Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen genutzt werden, wobei der Schwerpunkt auf Photovoltaik liegt. Hintergrund sind die Klimaschutzziele der Bundesregierung. Demnach soll Deutschland spätestens im Jahr 2045 Klimaneutralität erreichen.
Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist das Jahr 2030: Denn dann soll der endgültige Ausstieg aus der Kohleverstromung erfolgen. Um die dadurch fehlende Strommenge auszugleichen, sollen zu diesem Zeitpunkt 80 Prozent des erzeugten Stroms aus regenerativen Quellen stammen. Für die Wärmeerzeugung gilt ein Anteil von 50 Prozent aus erneuerbaren Energien.
Diesem Thema hatten sich die heutigen Regierungsparteien bereits bei der Erarbeitung ihres Koalitionsvertrages zugewandt. Dort heißt es auf Seite 56: „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden."
Der Vertrag konkretisiert diese Vereinbarung dahingehend, dass die in Deutschland auf Dächern installierte Photovoltaik-Leistung bis 2030 auf 200 GW (Gigawatt) nahezu vervierfacht werden soll. Allein mit einer Pflicht ist das sicher nicht umzusetzen und, wie das Zitat oben zeigt, auch nicht vorgesehen.
Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, den Bürokratieabbau bei der Beantragung und den Ausschreibungen zu größeren Anlagen zu fördern sowie mit Anreizen in Form von Förderungen zu locken. Fachverbände sind sogar der Meinung, dass zumindest bei privaten Gebäuden bereits jetzt das Interesse an der Installation von Photovoltaik so groß ist, dass die Handwerksbetriebe Engpässe bei Arbeitskräften und Material befürchten. Eine Pflicht ist nicht unbedingt notwendig.
Das steckt hinter der Solarpflicht für private Gebäude
Bei privaten Gebäuden gilt in einigen Bundesländern die Solarpflicht für Neubauten. Bauherren sind angehalten, die Gebäude so zu planen, dass Photovoltaikmodule und/oder Solarthermie in der Bauphase installiert oder zumindest zeitnah nachgerüstet werden kann. Für Bestandsbauten gilt die Pflicht nur, wenn umfangreiche Dachsanierungen durchgeführt werden.
Was darunter zu verstehen ist, ist nicht immer eindeutig festgelegt. Außerdem gilt die Pflicht nur, wenn das jeweilige Dach von seiner Lage und Gestaltung geeignet und abzusehen ist, dass sich die Investition für den Bauherren in absehbarer Zeit rentiert.
Private Solarpflicht in den einzelnen Bundesländern
Eine bundesweite und einheitliche Solarpflicht existiert noch nicht. Allerdings haben bereits einige Bundesländer von sich aus entsprechende Regeln erlassen oder sind in der Vorbereitung. Wie das konkret aussieht, erfährst du hier:
Baden-Württemberg
Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland Regelungen zur Solarpflicht erlassen. Beim Neubau von Wohngebäuden gilt die Pflicht seit 01.05.2022. Bei großen Dachsanierungen im Gebäudebestand gilt die Solarpflicht seit 01.01.2023. Mindestens 60 Prozent der geeigneten Dachfläche müssen mit Photovoltaik- oder Solarthermie-Modulen belegt werden.
Berlin
Auch Berlin hat bereits eine Solarpflicht beschlossen. Seit 01.01.2023 müssen private Neubauten sowie Bestandsbauten im Rahmen einer Dachsanierung mit Solar oder Solarthermie ausgestattet werden. Ausnahmen betreffen Gebäude mit weniger als 50 qm Nutzfläche, Härtefälle sowie ungeeignete Dächer. Bei geeigneten Gebäuden muss die jeweilige Anlage mindestens 30 Prozent der Dachfläche umfassen. Ersatzweise kann auch die Fassade genutzt werden.
Bayern
Bayern hat zwar bereits eine Solarpflicht, sie gilt aber nicht für Wohngebäude. Für diese ist eine Soll-Bestimmung geplant, die noch in der Diskussion ist.
Hessen
Hessen hat bisher keine Solarpflicht für Wohngebäude. Die baurechtlichen Vorschriften für Photovoltaikanlagen wurden jedoch gelockert. Es gelten nun geringere Abstände zwischen den Anlagen auf benachbarten Dächern, wenn die Gebäude durch eine Brandschutzmauer getrennt sind. Dadurch lassen sich die Dachflächen bei Reihen- und Doppelhäusern besser nutzen.
Niedersachsen
In Niedersachsen galt bislang die im November 2021 beschlossene Novelle zur Niedersächsischen Bauordnung. Die Novelle enthält Regelungen zur Solarpflicht bei Gewerbeimmobilien, die seit 01.01.2023 gelten. Bei Wohnneubauten sind Bauherren verpflichtet, Neubauten so zu planen, dass die Nachrüstung von Solaranlagen möglich ist.
Im Juni 2022 beschloss der Landtag darüber hinaus die allgemeine Solarpflicht für alle Neubauten ab 01.01.202. Das schließt Wohngebäude ein.
Schleswig-Holstein
Der grüne Umweltminister Jan Philipp Albrecht hatte zwar schon 2021 bei der Vorlage eines Entwurfes für ein neues Klimaschutzgesetz verkündet, sich für eine Solarpflicht auch für Wohngebäude starkmachen zu wollen. Bisher gibt es jedoch keine konkreten Vorhaben in diese Richtung.
Hamburg
Hamburg schreibt die Pflicht zur Installation auf Neubauten ab 2023 vor. Bei Dachsanierungen im Bestand gilt diese Regelung ab 2025. Mindestgrößen der Anlagen sind nicht vorgeschrieben. Außerdem gelten Härtefallregeln. Ist das betroffene Dach technisch nicht für eine Solaranlage geeignet oder ist der voraussichtliche Amortisationszeitraum länger als 20 Jahre, entfällt die Pflicht.
Bremen
Die Bremische Bürgerschaft hat bereits im Juni 2020 beschlossen, Bremen und Bremerhaven zu „Solar Cities" zu machen. Bis 2030 sollen auf allen Dächern solare Anlagen installiert sein. Das gilt zunächst für Neubauten und später auch bei Dachsanierungen. Konkrete Regelungen werden derzeit noch erarbeitet.
Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz gilt seit 01.01.2023 eine Solarpflicht für Gewerbeneubauten. Zu Wohngebäuden enthält das Landessolargesetz vom 30.09.2021 keine Regelung.
Sachsen
Sachsen hat mit dem sächsischen Energie- und Klimaprogramm vom Sommer 2021 beschlossen, die Einführung einer Solarpflicht zu prüfen. Konkrete Ergebnisse sind nicht bekannt.
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Saarland
In diesen Bundesländern gibt es bislang keine Planungen für eine Solarpflicht.
Solarpflicht für Nichtwohngebäude: Diese Vorschriften gelten in den Bundesländern
Nichtwohngebäude sind Gewerbe- und Industrieimmobilien sowie öffentliche Gebäude der Kommunen, Landkreise, Länder und des Bundes. Schauen wir wieder in die Bundesländer:
Baden-Württemberg
Baden-Württemberg ist auch in dieser Frage vorgeprescht. Hier gilt bereits seit 01.01.2022 eine Solarpflicht für Neubauten von Nichtwohngebäuden.
Berlin
In Berlin müssen seit 01.01.2023 Dächer gewerblicher Neubauten mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Alternativ ist die Nutzung der Hausfassade bzw. die Installation von Solarthermie möglich.
Bayern
Bayern hat mittlerweile eine Solarpflicht für Nichtwohngebäude beschlossen, die ab dem 01.01.2023 in Kraft ist.
Hessen
Hessen hat im November eine Novelle zum Energiegesetz beschlossen. Demnach sollen Parkplätze mit mehr als 50 Stellplätzen und landeseigene Gebäude mit Solaranlagen ausgestattet werden.
Niedersachsen
Niedersachsen hat mit der Novellierung der landeseigenen Bauordnung im November 2021 die Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf Dächern von Gewerbeimmobilien beschlossen. Sie gilt ab einer Dachfläche von 75 qm. Das jeweilige Dach muss mindestens zur Hälfte mit Solarmodulen belegt werden.
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein hat seit Beginn des Jahres 2023 eine Solarpflicht für Neubauten und umfassende Sanierungen von Nichtwohngebäuden. Darüber hinaus müssen Parkplätze mit mehr als 100 Stellplätzen überdacht und mit Solarmodulen ausgestattet werden.
Hamburg
Hamburg hat bereits Ende 2020 Rechtsverordnungen erlassen, wonach jeder Neubau, also auch Nichtwohngebäude, ab 2023 mit einer Solaranlage auszustatten ist. Für Dachsanierungen gilt die Pflicht ab. 2025.
Bremen
Für Bremen und Bremerhaven gilt im Rahmen der bereits 2020 beschlossenen Initiative „Solar Cities", dass bis 2030 auf allen Dächern (Wohn- und Nichtwohngebäude) Solaranlagen installiert sind. Zunächst soll mit Neubauten angefangen werden. Bestandsbauten folgen später. An konkreten Festlegungen wird noch gearbeitet.
Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz hat am 30.09.2021 sein Landessolargesetz beschlossen. Es beinhaltet eine Solarpflicht für gewerbliche Neubauten ab 01.01.2023.
Sachsen
Wie bereits bei den Wohngebäuden ausgeführt, prüft Sachsen noch immer die Einführung einer Solarpflicht. Wann mit Ergebnissen gerechnet werden kann, ist derzeit nicht absehbar.
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Saarland
Dass in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und im Saarland bislang keine Planungen für eine Solarpflicht existieren, hatten wir bei den Wohngebäuden bereits genannt. Das gilt natürlich auch für Nichtwohngebäude.
Wie trägt die Solarpflicht zur Energiewende bei?
Eingangs hatten wir die Klimaschutzziele der Bundesregierung erwähnt. Es ist geplant, 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Um dennoch die Versorgungssicherheit mit Elektroenergie in Deutschland zu gewährleisten, muss bis dahin der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion stark ansteigen.
Neben der Nutzung von Windenergie spielt dabei die Photovoltaik eine große Rolle. Die beste Möglichkeit, um in kurzer Zeit eine große Kapazität zuzubauen, ist die verstärkte Nutzung von Gebäudedächern – denn das vorhandene Potenzial ist enorm.
Laut einer Studie des Ökostrom-Versorgers Lichtblick werden in den großen Städten München, Berlin und Frankfurt nur 15 Prozent der Neubaudächer für die Installation von Photovoltaikanlagen genutzt. Das Forschungsunternehmen EUPD Research stellte im April 2021 fest, dass in ganz Deutschland 89 Prozent der Dachflächen nicht für die Erzeugung von Solarstrom genutzt werden.
Ohne die Nutzung dieses riesigen brachliegenden Potenzials wird es schwierig, die Wende hin zum Umstieg auf erneuerbare Energien zu schaffen. Eine Solarpflicht, flankiert mit Fördermaßnahmen, ist die beste Möglichkeit, diese Leistungskraft in relativ kurzer Zeit zu heben.
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Besteht bei einer Dachsanierung die Solarpflicht?
Eine bundesweite Solarpflicht bei einer Dachsanierung besteht noch nicht. Einzelne Bundesländer haben jedoch bereits entsprechende gesetzliche Regelungen eingeführt. Das betrifft zum Beispiel Berlin, Baden-Württemberg und Hamburg (ab 2025).
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